Die Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) bringt zahlreiche Verbesserungen für unsere Schweizer Betriebe. Das Parlament hat einen Paradigmenwechsel geschaffen, weg vom Preiskriterium hin zum Qualitätswettbewerb. Von einer Neuerung wird unsere Binnenwirtschaft aber gewaltig und unmittelbar profitieren: Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen werden in Zukunft die Preisniveaus in den Ländern, in denen die Leistung erbracht wird, berücksichtigt. Der Schweizer Wirtschaft, insbesondere den KMU, winken damit zusätzliche Aufträge in Milliardenhöhe.
Uniformen aus Indien, Radsteine aus China – wollen wir das? So lautete der Titel einer Sendung auf Radio SRF1, die im März 2019 ausgestrahlt wurde. Zahlreiche Hörer riefen ins Studio an. Die Anrufer waren sich einig: Nein, das wollen wir nicht. Sie seien lieber bereit, etwas mehr zu bezahlen, ein Teil des Mehrpreises fliesse über Steuereinnahmen sowieso wieder zurück, die langen Transportwege seien schlecht für das Klima, man solle Sorge tragen zu unsren KMU, die das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bilden – so der Grundtenor in der Bevölkerung.
Es geht ums Überleben
Bereits heute müssen viele Unternehmen ihre Produktion in Ausland auslagern – um zu Überleben. Für Unternehmen, die noch in der Schweiz produzieren, hier Steuern und Sozialabgaben bezahlen, strenge Lohn- und Umweltvorgaben einhalten, ist es ein absoluter Tiefschlag, wenn sie während diesem Überlebenskampf, verstärkt durch die anhaltende Euro-Schwäche, von einer Schweizer Vergabebehörde auch noch die Nachricht erhalten, ihr Angebot könne leider aus preislichen Gründen nicht berücksichtigt werden. Den meisten Auftraggebern ist es notabene auch nicht wohl dabei: Gemäss geltendem Gesetz sind sie aber verpflichtet, dem billigsten Anbieter den Zuschlag zu erteilen, wenn das Billig-Angebot nicht bei anderen Kriterien deutlich schlechter abschneidet.
Fokus Nichtdiskriminierung
Einheimische Unternehmen können nicht zu Kosten wie beispielsweise in Polen produzieren. Wer in der Schweiz auf hohem Preisniveau produziert, hatte bisher bei der Verteilung vom 41 Milliarden-Kuchen oft das Nachsehen – dies die bittere Erkenntnis. Nach Anhörung vieler direkt betroffenen Unternehmer bin ich zur Überzeugung gelangt, dass mit der Totalrevision des BöB alle Vorteile für unsere im Inland produzierenden, qualitätsmässig absolut wettbewerbsfähigen Betriebe herausgeholt wer den müssen. Dabei ging es mir nicht um Heimatschutz, sondern um Nichtdiskriminierung. Ich will, dass unsere Unternehmen mit gleich langen Spiessen gemessen werden wie die ausländischen Anbieter und nicht dafür bestraft werden, dass sie in der Schweiz produzieren.
Wettbewerb ja, aber fair – ohne ruinösen Preiskampf
Durch die Berücksichtigung des Preisniveaus werden diese gleich langen Spiesse geschaffen. Beispiel: Wenn das Preisniveau in einem Land 60% von demjenigen in der Schweiz beträgt, muss auch der Angebotspreis eines Unternehmens aus diesem Land 60% des Angebotspreises des Schweizer Unternehmens sein, um als preislich gleichwertig zu gelten. Bis heute erhielt das ausländische Angebot auch dann den Zuschlag, wenn es nur geringfügig billiger war. Das ausländische Unternehmen konnte also trotz überhöhter Gewinnmarge dem Schweizer Unternehmen den Auftrag wegschnappen.
Ende gut, alles gut
Das Preisniveau-Kriterium wurde im Parlament zum eigentlichen Herzstück der Vorlage und musste gar vor die Einigungskonferenz. In der Tat betritt die Schweiz mit dieser Bestimmung Neuland. Zum Schutz ihrer heimischen Wirtschaft treffen auch andere Länder Vorkehrungen und niemand hat bisher etwas dagegen unternommen.
Ich habe mich persönlich in der Wirtschaftskommission und in den Parlamentsdebatten mit viel Herzblut für unsere Unternehmen eingesetzt. Sie profitieren mit dem neuen Gesetz – und damit auch die Arbeitnehmenden, die lernenden, der gesamte Werkplatz Schweiz. Eine grossartige Zusammenarbeit hat stattgefunden, mit dem Parlament, den Verbänden, Unternehmern und mit der Verwaltung. Wir haben eine sehr gute Vorlage verabschiedet, die nun umgesetzt wird, und einen wesentlichen Beitrag gegen Lohndumping und Umweltverschmutzung leisten wird. Damit bleiben Wohlstand und Lebensqualität in unserem Lande erhalten. Bundespräsident Ueli Maurer wird dafür besorgt sein, dass über Verbände und Organisationen Schulungen für die mit dem öffentlichen Beschaffungswesen vertrauten Stellen erfolgen werden.